Ein Foto von Alex from Target

Die schnellen 15 Minuten Ruhm des #AlexFromTarget

Den tollsten viralen Coup in den letzten Monaten haben sich amerikanische Teenager geleistet. Mit freundlicher Unterstützung einer Marketingfirma (angeblich).

Der Mann, der oben auf dem Bild leicht traurig dreinblickend Tüten einpackt ist Alex. Alex arbeitet bei der US-amerikanischen Supermarktkette Target, und das Bild ging in kürzester Zeit viral. Innerhalb von 24 Stunden hatte Alex sein eigenes Hashtag (#AlexFromTarget), eine halbe Million neue Follower auf Twitter und trat in der Ellen DeGeneres Show auf.

Zwei Tage bis zum Ruhm

Tatsächlich ist es ja nicht ungewöhnlich, dass das Internet jemanden berühmt macht der absolut nicht darauf vorbereitet ist. 2012 beispielsweise traf es Zeddie Little, auch bekannt als „Ridiculously Photogenic Guy“. Interessant an #AlexFromTarget ist, dass es unglaublich schnell ging – vom ersten Post auf Twitter am 2. November bis zum Auftritt in einer der größten, national ausgestrahlten Talkshows der USA vergingen drei Tage.

Die Macht der Fangirls

Mittlerweile behauptet ein Unternehmen namens Breakr – spezialisiert auf die Generierung von Buzz im Social Web – Alex‘ Netz-Ruhm sei von ihnen befeuert worden.

We wanted to see how powerful the fangirl demographic was by taking a unknown good-looking kid and Target employee from Texas to overnight viral internet sensation.

Das Unternehmen sagt von sich, sie verbänden „Fans mit ihren Fanbases“, also: Sie brächten bestimmten Demographien für eine gemeinsame Sache zusammen. In diesem Fall eben „Fangirls“, ohne, dass die genauer definiert würden.

If you can earn the love and respect from a global community such as the ‚Fangirl‘ demographic – you can rally them together to drive awareness for any cause even if its to take a random kid from unknown to stardom over night.

schreibt der CEO des Unternehmens. Das klingt nicht nur etwas gruselig, sondern geht auch am eigentlich spannenden Punkt vorbei.

Was die Filterblase denkt

Die Dynamik der ganzen Geschichte ist, im Großen und Ganzen, abgesehen von der Schnelligkeit, nicht weiter außergewöhnlich: Es gibt eben die „Fangirls“, die hauptsächlich darüber posten, dass Alex ein ziemlich süßer Kerl ist, dann gibt es diejenigen, die sich darüber aufregen, dass man berühmt werden kann ohne tatsächlich etwas zu tun. Es gibt Varianten und parodistische Videos.

Der springende Punkt an der ganzen Geschichte ist, wie schnell sich die Geschichte in einer Filterblase entwickeln konnte, die wahrscheinlich an den meisten Menschen vorbeigeht. Andreas Rickmann hat im August einen Artikel über Filterblasen und Anliegen geschrieben, die nur innerhalb einer Gruppe existieren und kaum nach außen getragen werden, die aber trotzdem Trends setzen, wie selbst klassische, große Medienunternehmen sie nicht setzen könnten.

Jenseits der journalistischen Filterblase gibt es bei Twitter Akteure, die viele junge Leute erreichen. Sie haben mehr Follower als viele Medienhäuser, TV-Schauspieler oder Bundesliga-Spieler.

Sie können mit einem Tweet Trends setzen, was manche Fernseh-Sendungen mit einem Millionen-Publikum nicht schaffen. Sie haben auf Youtube mehr Zuschauer als lokale Sender und auf Twitter und Facebook mehr Fans als viele etablierte TV-Formate. So sind dort, wo sich junge Leute aufhalten, sie sprechen junge Leute an, sie begeistern junge Leute.

schreibt er. Die Definitionen von Berühmtheit schlingern vor sich hin, irgendwo im Mainstream kochen tradtionelle Medien auf einem Holzfeuer, hauptsächlich junge Menschen im Netz mit einem Schnellkochtopf, und zwar völlig unterschiedliche Gerichte.

Das Bild hinter dem Bild

Spannend ist bei viralen Bildern immer die Frage nach dem Bild hinter dem Bild. Nicht danach, was es abbildet, sondern wofür es steht. Oft sind das Blaupausen – Bilder, die über sich hinaus für bestimmte, mehr oder weniger universale Zustände oder Gefühle stehen und gleichzeitig dazu benutzt werden können, solche Gefühle oder Zustände auszudrücken.

Alex ist nicht nur einfach ein Junge, dessen Aussehen ein paar Teenager-Mädchen anspricht, sondern ein Symbol für eine Gruppe, Generation, wie auch immer man es nennen möchte, die außerhalb tradierter Medien ein Eigenleben entwickelt hat, das nur ganz ganz langsam an die Oberfläche dringt. Nach außen ist Alex einfach nur jemand, der sich in einem nervigen Job in einem Supermarkt ein paar Dollar zum Taschengeld verdient.

Im Netz weist er über sich hinaus – nicht nur mit seiner plötzlichen Berühmtheit (die vermutlich Ende der Woche schon wieder vorbei ist), sondern vor allem als möglicherweise erster Vertreter einer neuen Generation von digitalen Kolonisateuren mit völlig anderen Werten, Medien- Konsum und Lebensmustern, der – für wie kurz auch immer – aus dem Schatten der Filterblase tritt.

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