Barbara Schöneberger live: Oh, du schöne Stereotypie

Barbara Schöneberger erzählt bei ihrem Konzert im Kuppelsaal in Hannover in ihren Liedern Geschichten von stereotyper Männer-Frauen-Welt – ausgerechnet am Weltfrauentag. Eine Nachlese von Martin Spieß.

23 Songs sind es an diesem Abend mit Barbara Schöneberger im Kuppelsaal in Hannover, und böse Zungen könnten meinen, die Illuminaten hätten ihre Finger im Spiel: Solange die Menschen von derartiger Konsensmusik abgelenkt sind, kriegen sie nicht mit, wer im Hintergrund die Fäden zieht. Ganz Brot und Spiele, während der Imperator die Steuern erhöht.

Zahlen spielen an diesem Abend, der wie Schönebergers aktuelles Album Eine Frau gibt Auskunft heißt, sowieso eine große Rolle: vier Mal zieht sie sich um, die fünf Outfits reichen vom pink glitzernden Paillettenkleid über den taillierten Frack mit Hotpants und dem Ganzkörper-Glitter-Latexsuit bis zum schräg geschlitzten, grünen Ballkleid. Drei Mal geht Barbara Schöneberger ins Publikum, zwei Mal spricht sie mit zwei jungen Männern, die ihr auf etlichen Terminen ihrer Tour nachreisen und stets in der ersten Reihe sitzen, und drei Mal kommt sie darauf zu sprechen, dass heute Weltfrauentag ist. „Das wird ein kämpferischer, feministischer Frauenabend heute“, sagt sie nach dem zweiten Lied und hebt die linke Faust.

Starke Frauenfiguren kommen nicht vor

Das Versprechen aber löst sie nicht ein. Die Botschaften in Schönebergers Ansagen und Liedern – trotz exzellenter Live-Band zumeist wenig aufregende Swing-Nummern – sind weder kämpferisch, noch feministisch, im Gegenteil, denn starke Frauenfiguren gibt es bei ihr nicht. Da träumen sich wie im Song Hajo und Luise Hausfrauen beim Karaoke in die große Welt, und selbst die vermeintlich starke Ich-Erzählerin aus Der blonde Engel muss ihre Brüder holen, wenn es wirklich hart auf hart kommt.

Aber dass Barbara Schöneberger und Feminismus nicht gänzlich deckungsgleich sind, das ist spätestens seit der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2018 klar, bei der sie eine umgedichtete Version von Das bisschen Haushalt sang: „Das bisschen Info macht sich von allein, sagt der Claus“, ging der Text anlässlich der Verleihung des Preises in der Kategorie Beste Information, für den Dunja Hayali, Caren Miosga und Marietta Slomka nominiert waren.

Ausbrüche sind nicht vorgesehen

Auch an diesem Abend im Kuppelsaal wird Sexismus (re-)produziert, durch Wiederholung immer gleicher Geschlechterrollenklischees. Auf die Lieder setzen sich Texte über Beziehungen und deren alltägliche Schwierigkeiten, die man aber irgendwie meistert. Ausbrüche sind nicht vorgesehen, Stereotypien werden nicht aufgebrochen – und wenn doch, dann nur scheinbar, wie in Du machst die Liebe, in dem die Frau arbeiten geht und der Mann nur für die Körperlichkeit zuständig ist. Und kaum ist der letzte Ton des Songs verklungen, legt Schöneberger mit Liedern nach wie Glücklich in acht Tagen, bei dem die Frau dafür sorgen muss, dass der Mann im Bett wieder Lust bekommt, oder Männer muss man loben, das eine nicht enden wollende Liste an Klischees über Männer versammelt und in der Aussage kulminiert, dass sie stark zu sein haben, dass sie nach oben gehören.

Wo Frauen nach Meinung von Barbara Schöneberger ihren Platz haben, das möchte man sich nach diesem Abend, der nach einem Gastauftritt von Mousse T, zwei Zugaben und mit stehenden Ovationen eines (warum auch immer) begeisterten Publikums endet, nicht ausmalen.

Bildquellen

  • 52999862_796263697390245_7086861626569129984_n: Martin Spieß