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Facebook: Ganz oben im Büro für Nippel

Das prüde amerikanische Facebook maßt es sich an Zensur zu üben und Bilder von entblößten Brüsten zu löschen. Aber was ist mit Kunst? Und was ist mit der ganzen rassistischen Hetze, die irgendwelche VollidiotInnen ungestraft in die Timelines göbeln dürfen? Ist die etwa besser? Brüste sind doch schön und natürlich und wann tut denn endlich jemand was? Wir leben nicht in einer idealen Welt.

In einer idealen Welt wäre Facebook kein privates Unternehmen, das seine Hausregeln festlegen darf. Es wäre ein Staat. Ja! Ein Staat, in dem wir Facebook UserInnen so ID Kärtchen bekämen (so denn wir unsere echte E-Mail Adresse angegeben haben) und in dem wir Wahlrecht hätten und die da oben uns zuhören müssten, wenn wir uns beschweren. Wir könnten unsere Profilbilder mit Flaggen oder Symbolen bestücken und verrückte Hashtags erfinden, und es gäbe daraufhin mehr als ein aufgeblähtes Medienecho, das nach drei Tagen wieder verstummt. Wir könnten wirklich was verändern, in der demokratischen Republik Facebook.

In dieser idealen Welt würde nicht nur ich ein Schild hoch halten, auf dem steht, dass Frauen dasselbe Recht auf Nacktheit haben müssen wie Männer. Viele Menschen würden mit mir protestieren und wir würden klagen – bis hin zum obersten Admin. Wir hätten wirklich was erreicht, denn die Zensur der weiblichen Körperlichkeit war immer schon Ausdruck des Patriarchats. Und diese Form der Diskriminierung hat in einem Staat wirklich nichts verloren – Ordnungswidrigkeit am Arsch.

In einer idealen Welt könnte ich vielleicht als Kulturwissenschaftlerin einen Job beim Staat bekommen, ganz oben im Büro für Nippel. Dort würde ich mit anderen Kulturwissenschafterinnen und ein paar abgebrochenen Kunsthistorikern sitzen und den ganzen Tag lang Nippelbildchen gucken und würde entscheiden, ob es sich um Kunst oder Pornographie handelt. Ich wüsste, ich täte eine achtbare und wichtige Arbeit, denn seien wir mal ehrlich: Wir kennen doch das Internet. Sobald man Leuten erlaubt ihre Genitalien zu entblößen, wird alles mit Wichsvorlagen zugespamt. Kunst oder nicht Kunst, wer soll das entscheiden dürfen? – Ich. Ich darf das entscheiden.

Vielleicht würden im Büro neben mir ein paar Studierende der Politikwissenschaften sitzen, die sich mit den letzten genölten Netzpolitikforderungen von CSU-Mitgliedern rumschlagen müssen. Sie könnten sich in Ruhe mit den alten Herren hinsetzen, die dann Posts noch mal Korrekturlesen dürfen, bevor sie veröffentlicht werden. Nach dem Mittagessen wird es leichter, denn dann bestehen alle Beiträge nur noch aus dem Hashtag #bringbackimmediateposting.

In einer idealen Welt bräuchten wir keine kruden Vergleiche zwischen Nacktheit und Rassismus um unser Revoluzzergehabe darzustellen. Wir könnten beide Diskurse auf eine Art führen, die ihre Andersartigkeit berücksichtigt, ohne das eine zum Trittbrett des anderen zu machen. Wir könnten uns bewusst machen, dass es sich hier um andere Diskurse mit anderer Geschichte und sozialen wie individuellen Konsequenzen handelt.

In einer idealen Welt gäbe es Gesetze gegen Volksverhetzung und das Leugnen des Holocausts. Es gäbe irgendeine offizielle Stelle mit echter Entscheidungsgewalt zu der man gehen könnte, wenn man liest, dass jemand Leute vergasen will. Vielleicht eine Art staatliche Gewalt, die mit einem Tribunal verknüpft ist, das dann dafür sorgen könnte, dass die Menschen aufhören anderen Leuten ihre Häuser anzuzünden.

Aber wir leben nicht in einer idealen Welt und so müssen wir einen seltsamen Protest gegen die Hausregeln eines privaten Unternehmens weiterführen, mehr Hashtags erfinden und wenigstens ein bisschen glauben, dass sie etwas bewirken. CSU-PolitikerInnen werden keiner Gehirnwäsche unterzogen, die vielleicht zu etwas mehr Verständnis für Netzkultur führt und keiner fragt mich, was Kunst ist. Also nölen wir am besten weiter, statt rassistische Hetze bei der Polizei anzuzeigen. Schade.

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