Die 10 irrwitzigsten Clickbait-Artikel aus dem Internet

Nach wie vor werden im weltweiten Web Klicks geködert, was thematisch mitunter wundersame Blüten treibt. Die 10 eigenwilligsten Artikel dieser Art hat unser Autor in einer Hitliste versammelt.

In meinem letzten Artikel für zebrabutter versuchte ich mich an der Banalisierung rechten Gedankenguts, indem ich dieses mit Clickbait verknüpfte. Clickbait, das sind die Marktschreier des Internets, die mitunter auf plumpste Art und Weise versuchen, mit jedem noch so belanglosen Thema Aufmerksamkeit in Form von Klickzahlen zu erhaschen (wobei sich an dieser Stelle überlegen ließe, inwiefern diese Verknüpfung naheliegender ist als man denkt, sind doch all die Populisten und Demagogen nichts weiter als politische Marktschreier.)
In meinem Text führte ich einige echte Überschriften und Artikel an, um zu illustrieren, dass die von mir entworfene Absurdität gar nicht so weit von der Realität entfernt ist. Doch die von mir angeführten Beispiele waren nichts weiter als die Spitze des Eisbergs. Denn noch ist das Ködern von Klicks nicht totzukriegen und so lassen sich in den Untiefen des Internets zahllose irrwitzigster Clickbait-Themen finden, von denen ich im Folgenden meine persönliche Top 10 vorstellen möchte.

1. 10 Dinge, die du noch nicht über Mein Kampf wusstest (zebrabutter)

Kaum zu glauben, aber wahr! Die erste Nennung in diesem Ranking gebührt tatsächlich dieser wunderschönen Website, auf die Sie sich gerade befinden, werter Leser. Aber Ehre wem Ehre gebührt: Clickbaittechnisch hat der Kollege Schumacher mit seiner Faktensammlung über das philosophische Hauptwerk des GröFaZ erstklassige Arbeit abgeliefert. In bester Buzzfeed-Manier wird jede Tatsache in maximal zwei knackigen, fettformatierten Aussagesätzen präsentiert, stets begleitet von einem Hitler-GIF.
Aber bedeutet das, dass Zebrabutter schon so tief gesunken ist, das umsetzen zu müssen, wovon ich in meinem eingangs erwähnten Artikel fantasierte? Tatsächlich stieß ich auf die 10 Dinge, die du noch nicht über Mein Kampf wusstest unter den weiterführenden Leseempfehlungen, als ich mir mein frisch veröffentlichtes Machwerk online anschaute. Tja, hätte ich das mal vorher gewusst! Soviel zum Thema Originalität: Clickbait mit Hitler scheint dann doch naherliegender zu sein, als man denkt.

2. 17 Dinge, die dir schwule Männer gerne zum Thema Blowjobs sagen möchten (Buzzfeed)

Es ist ja allgemein bekannt, dass sich homosexuelle Männer ausschließlich über Oralverkehr unterhalten. Haben Schwule denn überhaupt andere Interessen? Fußball, Literatur, Politik? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Daher bin ich froh, dass ich dank Buzzfeed beim nächsten Mal mitreden kann, wenn ich mich wieder mit meinen homosexuellen Bekannten treffen.
Daneben dürften aber auch heterosexuelle Frauen froh sein, dank solcher Ratgeber endlich von den Profis lernen zu können. Nicht zuletzt die Partner jener Buzzfeed-Leserinnen wissen das sicherlich zu schätzen.
Aber auf Buzzfeed finden sich zahlreiche solcher sexuell konnotierter Dr.-Sommer-Themen. Als eine Art Ergänzung zu den Blowjob-Tipps dienen die 30 Fakten, die dir Experten über Analsex niemals verraten. (Meine persönliche Einschätzung: Kann eine ziemlich beschissene Angelegenheit sein.)

3. Leckerschmecker

Eine besondere Erwähnung hat sich an dieser Stelle die Kochseite Leckerschmecker verdient, die auf ihrer Website und ihrem YouTube-Channel tatsächlich Clickbait mit Rezepten macht. Eigentlich möchte man davon ausgehen, dass es praktikabler wäre, wenn Leser und Zuschauer vorher wissen, welches Rezept im Artikel bzw. Video zubereitet wird. Stattdessen lassen sie sich mit Überschriften à la Steck deinen Finger hier rein, du wirst nicht glauben … locken. Klar, beim Kochen geht es ja schließlich auch um ungewöhnliche und raffinierte Handgriffe und nicht etwa um das Gericht selbst.
Meine persönlichen Highlights auf Leckerschmecker sind dabei die Käse– und die Bacon-Compilation. Zweimal 10 Minuten lang Rezepte rund um Käse und Bacon – also ich meine viel Käse und Bacon. Sehr viel Käse und Bacon! Denn bekanntlich wird mit Käse und Bacon alles besser: Mittagessen, Frühstück, Volksparteien, Sexualpartner …

4. Papst werden (Wikihow)

Wikihow ist strenggenommen ein Thema für sich: Der Begriff Wiki deutet darauf hin, dass die Artikel von der Community geschrieben und online gestellt werden. So findet sich hier zu wirklich allem ein Ratgeber. Aber wenn das ernstgemeint ist, ist Wikihow vermutlich eine der größten Realsatiren im Word Wide Web.
Doch wer sich beruflich verändern möchte oder als frischgebackener Schulabgänger noch einen Ausbildungsberuf sucht, erfährt auf Wikihow nichts geringeres als wie man Papst wird. Über intrigante Machtspiele während des Konklaves oder dass man sich als Ministrant auch einfach bis in den Vatikan hochschlafen könnte, wird allerdings Stillverschwiegen gewahrt.

5. Sich wie ein Werwolf verhalten (Wikihow)

Aber Wikihow verrät nicht nur, wie man geistliches Oberhaupt der katholischen Kirche wird, sondern auch wie man ein Werwolf wird. Tipp Nr. 3: „Baue eine starke Bindung zu Hunden auf.“ Tipp Nr. 4: „Bestimme und markiere deutlich dein Revier.“
Wikihow weiß aber auch zu anderen übernatürlichen Erscheinung Rat: So kann man etwa lernen, wie man einen Vampir tötet, und der obligatorische Survival-Guide für die Zombie-Apokalypse oder fleischfressende Super-Bakterien darf natürlich auch nicht fehlen.

6. Deinen Eltern sagen, dass du Satanist wirst (Wikihow)

Ja, Wikihow ist in der Tat eine wahre Fundgrube an absurden Themen und hätte allein für sich genommen eine Top 10 verdient. Wo sonst kann man einen Leitfaden finden, wie man sich seinen Eltern gegenüber als Satanist outet?
Viele junge Menschen sind bezüglich ihrer religiösen Orientierung völlig verwirrt und gehen spirituelle Beziehungen ein, in denen sie letztlich nur sich selbst verleugnen. Nach außen hin geben sie den vorbildlichen Christen, doch tief im Inneren unterdrücken sie ihre satanistischen Begierden. Ihre religiösen Bedürfnisse befriedigen sie dann nachts am Laptop, in der Hoffnung, dass ihre Ehefrau nichts davon erfährt.

7. Pinterest

Pinterest ist nicht nur ein Sammelsurium an DIY- und Lifehacks-Ideen, sondern auch an obskuren Lebensratgebern und Erziehungstipps sowie u.a. sexistischen und rassistischen Witzen und Memen. Dabei findet sich auch die ein oder andere etwas missverständlich formulierte Clickbait-Überschrift.
So wie 7 Wege, ein Kind zu verletzen, ohne es zu schlagen, wohinter sich hoffentlich ein Artikel verbirgt, der darüber aufklärt, dass man Kinder nicht verbal verletzen soll.
Oder damit sollen Menschen angelockt werden, die tatsächlich nach Alternativen suchen, Kinder körperlichen Schaden zuzufügen, ohne sie zu schlagen, dann aber in diesem Ratgeber lesen, dass man Kinder weder physisch noch psychisch verletzen soll, was diese anfangs bösen Mensch bekehrt, die ohne eine solch raffinierte Clickbait-Überschrift nie einen solchen Artikel angeklickt und gelesen hätten und somit nie zu besseren Menschen geworden wären.
Oder es geht tatsächlich um Kindesmisshandlung. Anstatt es zu prügeln, das Kind abwechslungshalber mal die Treppe runterschupsen, zum Beispiel.

8. Welcher Bürgerkrieg bist du? (bento)

Ein Klassiker unter den Persönlichkeitstests, der nicht zuletzt dank Jan Böhmermann einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Eigentlich wollte bento, der kleine, junge Hipster-Ableger des Spiegel, mit diesem Test ernsthaft auf einige Konfliktherde unserer Zeit aufmerksam machen, die in der medialen Reizüberflutung nur allzu leicht in Vergessenheit geraten.
An und für sich ein nobler Gedanke, aber vielleicht hätte man dafür andere Methoden nutzen können (z.B. seriöse Berichterstattung?), anstatt solch ein Clickbait-Mittel, das einen Eindruck irgendwo zwischen unfreiwillig komisch und dezent zynisch hinterlässt.

9. Deutsche Bundeskanzler sortiert nach ihrer Hotness (Buzzfeed)

In den USA hat sich Buzzfeed von der Clickbait-Schleuder zu einer der wichtigsten Plattformen für Politjournalismus gemausert und damit sogar etablierten Blätter wie der New York Times oder der Washington Post den Rang abgelaufen. Der deutsche Buzzfeed-Ableger – na sagen wir mal – nähert sich dem allmählich an.
Denn um der Politikverdrossenheit hierzulande entgegenzuwirken, bringt Buzzfeed endlich auf den Punkt, was die Wähler wirklich interessiert. Als ob irgendjemand sein Kreuzchen aus politischer Überzeugung machen würde! Wahlen sind nichts weiter als ein Popularitätswettbewerb, bei dem der Schönere gewinnt. Deswegen hat Kennedy damals gegen Nixon gesiegt und so dürfte es im Nachhinein auch niemanden wundern, weswegen Hillary Clinton keine Chance gegen Donald Trump hatte. Auch die SPD würde endlich wieder den Kanzler stellen, wenn sie anstatt mit Brillenträgern fortgeschrittenen Alters mit einer ehemaligen Kandidatin von Germany’s Next Top Model in den Wahlkampf ziehen würde. Dann könnten die Wahlplakate zugleich als Wichsvorlagen fungieren, wodurch sich auch junge Menschen wieder mehr für Politik interessieren würden.
Aber ich schweife ab. Wer auf dieser Liste der Kanzler-Hotties Willy Brandt höher erwartet hat, weil er ihn für den James Dean unter den Regierungschefs hält, der geht doch bloß wieder nach inhaltlichen Werten und sollte endlich damit aufhören, so tiefgründig sein. Nur auf Platz 1 hätte ohne jede Frage Gerhard Schröder gehört, liebes Buzzfeed-Team.
Wer es übrigens nicht so mit Politik hat, für den gibt es das Ranking der 12 Apostel sortiert nach ihrer Hotness. Aber auch hier trifft Platz 1 auf völliges Unverständnis meinerseits: Judas Thaddäus!? Judas Ischariot sollte ganz klar die Nr. 1 sein! Die Bad Boys (Jesus verraten) sind immer die heißesten.
Buzzfeed weiß einfach, wie man heiße Eisen [sic!] wie Religion und Politik richtig anpackt.

10. 7 geniale Tricks, wie man Palästinenser davon abhält, einen Zaun zu stürmen, ohne sie gleich zu erschießen (Der Postillon)

Ja, liebes bento-Team, so könnte man beispielsweise mit den Stilmitteln des Clickbaits auf ernsthafte Themen aufmerksam machen. Wobei der Postillon natürlich den Vorteil der Satire auf seiner Seite hat, weswegen das zwar kein „echter“ Clickbait-Artikel ist, aber die Parodie ist einfach zu schön, um sie unerwähnt zu lassen.
Mein Traum wäre es, eine Website nur mit solchen Parodien auf Geniale Tricks, Leckerschmecker, Buzzfeed & Co. im Stil dieses Postillon-Artikels zu machen. Aber wie einige der hier aufgeführten Artikel eindrucksvoll beweisen, ist die Realität mitunter absurder als es sich jeder Satiriker ausdenken könnte.

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