Facebook Reactions Emoji

Facebook Reactions – Das Ende der Kenntnisnahme

Seit kurzem sind sind Facebook Reaction Buttons verfügbar. Merlin Schumacher denkt über die Konsequenzen einer vielfältigen Reaktionsmöglichkeit nach.

Als die Gerüchte um Facebook Reactions langsam Form annahmen, krakelte es aus allen medialen Rohren „Der Disklike-Button kommt! Endlich!“. So einfach war es dann doch nicht. Mark Zuckerberg hatte dem „Dislike-Button“ schon von Anfang an eine Absage erteilt und das aus gutem Grund. Klar ist es schöner, bei einem Post über die tote Oma eben nicht den Like-Button zu klicken sondern den Dislike-Button, das ist erst mal pietätvoller, um schlicht Beileid auszudrücken. Was denkt aber der Trauernde möglicherweise über die ganzen Dislikes? Sind das eindimensionale Beileidsbekundungen oder Hinweise auf eine Abneigungen gegen einen selbst? Oder gar die tote Oma?
Das fehlgeleitete Bedürfnis nach dem Dislike-Button ging sogar soweit, dass irgendwelche Betrüger Browsererweiterungen geschrieben haben, die einen Dislike-Button versprechen und in Wirklichkeit nur Werbung einblenden.

Die Stimmung kippt

Kurz nachdem Facebook die Reactions freigeschaltet hatte, passierte etwas seltsames in meinem Feed. Die Süddeutsche Zeitung postete einen Artikel über irgendetwas deprimierendes oder trauriges. Was genau es war, weiß ich nicht mehr. Sagen wir die Nachricht vom Tod Peter Lustigs. Zum ersten Mal waren dort neben dem profanen „Gefällt mir“ auch andere Reaktionen. Zum Beispiel Wut. Und sofort wurde das „Gefällt mir“ wieder mit seiner ursprünglichen affirmativen Bedeutung aufgeladen. Da gefällt es 108 Menschen, dass Peter Lustig tot ist und 30 sind traurig. Das erzeugt ein seltsames Bild. Möglicherweise relativiert sich das ganze, bis der Rollout der Emoji-Buttons komplett ist.

Das Problem an einem simplen Dislike-Button ist seine Interpretierbarkeit. Ich kann erstmal nicht sagen worauf sich der Dislike oder Like bezieht. Der Like oder Gefällt mir-Button ist inzwischen eher zu einem „Habe ich zur Kenntnis genommen“-Button geworden. Ein „Gefällt mir“ ist mehr ein „Aha“ als ein „Oh, Super!“. Wie ich ihn dann deute, ist sehr kontextbezogen und bleibt mir überlassen, aber inzwischen hatten wir uns auf den Kontext des „Zur Kenntnis genommen“ geeinigt. So kann man auch Posts über die Tode von David Bowie oder Alan Rickman problemlos liken ohne sich schuldig zu machen.

Beim Moodtagging wird viel gelacht

Facebook Reactions bohrt diese Funktion nun auf. Mit Love, Haha, Wow, Traurig und Wütend kann man seine Reaktion nun etwas differenzierter ausdrücken. Genau das könnte ziemlich unangenehm werden. Dasselbe sogenannte Moodtagging-Konzept für den Ausdruck emotionaler Reaktionen hatte bereits der Axel-Springer-Verlag auf BILD.de ausprobiert. Das führte zu teils ekelhaften Erkenntnissen wie der BILDblog feststellte. Feuer in einem hannoveraner Flüchtlingscamp? – Es wurde viel gelacht. Homo-Ehe in Irland – Es schäumt vor Wut.
Facebooks Reactions könnten auch eine Strategie sein um die vielgescholtene Kommentarkultur auf Facebook zu dämpfen: Warum einen pampigen Kommentar schreiben, wenn man seine Wut auch per Emoji ausdrücken kann? Wer darüber hinaus noch Äußerungswillen hat, der kann immer noch einen Kommentar schreiben dass ihm irgendwas nicht passt.
Inzwischen hat BILD das Moodtagging wieder abgeschaltet. Was auch immer die Beweggründe dahinter waren. Vielleicht waren die geäußerten Reaktionen so gering, dass sie die Zugriffszahlen für Werbekunden in Zweifel gezogen haben. Wir wissen es nicht.
Aber vermutlich müssen wir nun – statt der erträglichen binären Reaktionen – das gesamte Spektrum von sechs Emotionen ertragen. So unpräzise und unerträglich das sein mag. Aber vielleicht haben wir Glück und auch Facebook rudert wieder zurück.

Gefallen würd‘s mir.

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