Unsere Autorin mag Männerhass nicht. Deshalb nimmt sie sich das Wort jetzt einfach. Und gibt es auch nicht wieder her.

Plädoyer für Männerhass

Alle sagen Hass ist schlecht. Hier ist ein Plädoyer für Männerhass. – Moment! Moment! Lassen Sie mich ausreden!

Man muss nicht einmal eine kontroverse Meinung vertreten, oft reicht die Bezeichnung „Feministin“ aus, damit viele Männer völlig hysterisch werden. Dabei ist es auch gar nicht so wichtig, ob es sich um eine Selbstbe- oder Fremdzu-schreibung handelt; selbstbestimmte Frauen, die ihre Macht nach außen hin leben, erfahren systematisch geschlechtsbezogene Kritik.

Einer der Lieblingsvorwürfe ist der Männerhass. „Männerhassende Feministin“ klingt wie eine Beleidung und ist auch so gemeint. Feministin-Sein ist in den Augen vieler kratzbürstiger Männer schon ein Hochverrat am Egalitarismus. Egalitarismus ist diese philosophische Strömung die niemanden aktiv interessiert, aber aus der Mottenkiste geholt wird, wenn jemand irgendwo „Feminismus“ sagt. Das ist 1 Fakt. Wenn also Feminismus schon Hochverrat ist, ist der Männerhass der schlimmste Hochverrat – natürlich in den Augen jener, die einen dafür hassen, dass man Feministin ist.

Viele junge deutschsprachige Feministinnen (mich eingeschlossen) versuchen sich von einer bestimmten Art des Feminismus abzugrenzen, der meist mit Alice Schwarzer assoziiert wird. Da kann es schon Mal passieren, dass man inmitten kritischer Analyse immer mal den Satz „Aber nicht so wie Alice Schwarzer“ einstreut – bloß damit beim zickigen Gesprächspartner nicht die Hormone durchdrehen. Denn Alice Schwarzer, so das Narrativ, hasst Männer. Alice Schwarzer zeigt sich zwar auch offen rassistisch, kollaboriert mit der BILD und ist in meinen Augen aus solchen Gründen ablehnenswert, aber das scheint meist nebensächlich für so penistragende Furien, die glauben man müsse sich als Feministin immer für all das rechtfertigen was andere Feministinnen irgendwo mal gesagt haben.

Ich bemerke auch bei mir immer wieder, dass ich sichergehen will, dass niemand glaubt, ich würde Männer hassen. Manchmal schwäche ich in vorauseilendem Gehorsam meine Sprache ab, relativiere und nehme Anwesende aus, um ihre empfindsamen Gemüter nicht zu erregen. Immer wieder befolge ich tatsächlich meine Ratschläge Wie man als Feministin ernst genommen wird. Man soll sexpositiv sein, locker, offen, humorvoll und das kann man auch sein. Man ist aber auch oft wütend, frustriert, ungeduldig und will nicht dreimal tief durchatmen, bevor man sich zurück in den Bullshit stürzt. Eine Frau, die letzteres offen zeigt wird fast unweigerlich mit dem Vorwurf konfrontiert sie würde Männer hassen.

Aber wieso gehen da alle so drauf ab?

Vielleicht ist der Männerhass die Absage an die Abhängigkeit. Er ist endgültige Zurückweisung. Er ist ein klares Statement, das eigene Verhalten nicht vom männlichen Blick definieren zu lassen. Wenn Frauen Männer hassen suchen sie normalerweise den Rückzug oder kritisieren Verhaltensweisen, die Machstrukturen reproduzieren. Wenn Männer Frauen hassen, äußert sich das zwar auch in Worten aber eben auch in Gewalt, Vorschreibungen zur Sexualität, Vergewaltigungen oder Mord. Frauenhass sucht die Dominanz zu stabilisieren. Männerhass ist eine Abwehrreaktion dieser Dominanz.

Dabei ist es für so manchen Burschen, der unter beinahe krankhafter Tratsch-Sucht leidet nicht so leicht zu verstehen, dass seine Meinung manchmal nicht gefragt ist. So wichtig Diskussion und Austausch sind, gibt es auch Räume und Situationen, in denen eine männliche Meinung übergangen wird. Viele Männer können das akzeptieren. Viele aber auch nicht und dann fängt das große Schmollen an. Auch wenn es ganz süß sein kann, wie er seine Fäustchen in der Tasche ballt und sein bröckelndes Konstrukt von Objektivität und angeblichem Rationalismus verteidigt, ist einer der letzten Auswege der Inkompetenten der Gesprächspartnerin vorzuwerfen, sie würde ihn hassen.

giphy

So kommt es, dass häufiger, als man Frauen trifft, die Männer hassen, überemotionale Männer trifft, die behaupten bestimmte Frauen würden Männer hassen. Der Vorwurf an den Feminismus er sei automatisch mit dem Hassen von Männern verknüpft ist dabei ausgesprochen hilfreich zur Diskreditierung einer Bewegung, die Rollenbilder reflektieren, aufweichen und auflösen will und damit bestehende Machstrukturen in Frage stellt.

Die Annahme von Männerhass dient dabei als Raster um die Kritik an Geschlechterrollen zu strukturieren und wird damit auf eine einfache Formel gebracht: Ist sie Ausdruck von Männerhass oder nicht. Diese binäre Sichtweise lässt keine Gratwanderungen zu und treibt auch die wohlmeinendste Feministin unweigerlich in eine Rechtfertigungsecke.

Ich will nicht als Männerhasserin dastehen. Aber ich habe gleichzeitig das mulmige Gefühl, dass ich meinen eigenen Protest, meine Frustration, meine Wut nicht äußern kann, ohne dass mir genau das passiert. Vielleicht ist es deshalb Zeit dieses Wort aus der Hand jener zu nehmen, die es benutzen um uns zu diskreditieren. Ich zumindest will diesem Vorwurf keine Macht mehr über mich geben und deshalb heißt dieser Artikel so, wie er heißt.

Bildquellen

  • giphy: giphy.com
  • banana-1433842_1920: Pixabay