Ein Foto aus Deutschland 83

Deutschland 83: Sag mir wo du stehst…

In Kürze startet Deutschland 83 bei RTL. Die Mini-Serie beweist, dass es doch möglich ist gute deutsche Serien auf internationalem Niveau zu produzieren.

Es geht doch. Man kann in Deutschland eine gut geschriebene Serie produzieren. Eine Serie die nicht vor Plattitüden strotzt. Eine, die ein historisches Setting hat, aber trotzdem nicht in Nazi-Deutschland oder direkt nach dem Krieg spielt. Es ist möglich, diese Serie gut auszustatten und gut zu besetzen, und ganz ohne Alexandra Maria Lara, Daniel Brühl und Tobias Moretti auszukommen. Sie läuft sogar auf RTL.
Wer das nicht glauben kann sollte sich Deutschland 83 ansehen. Dort beweist RTL, dass man kann, was in Deutschland bisher als unmöglich galt. Eine deutsche Serie die auch internationale Konkurrenz nicht scheuen braucht.
Deutschland 83 hatte bereits im Juni als erstes deutschsprachiges Programm überhaupt im US-TV seine Premiere und läuft nun auch im deutschen Fernsehen an.

Worum geht‘s?

Der junge DDR-Grenzsoldat Martin Rauch (Jonas Nay) wird von der Hauptverwaltung Aufklärung zur Spionage in die Bundesrepublik geschickt. Er soll als Bundeswehradjutant getarnt NATO-Geheimnisse zur Stationierung der Pershing II Raketen liefern. Um ihm bei der Stange zu halten wird ihm für seine Mutter eine Nierentransplantation in der Charité versprochen. Deutschland 83 behandelt ein Thema, das sonst bisher nur recht stiefmütterlich, aber immer öfter verarbeitet wird: Die Spionage zwischen DDR und BRD.

Spy vs. Spy

Gerade bei der Spionage strauchelt Deutschland 83 aber. Zu wenig sieht man von den Repressionen der DDR, zu wenig Spitzelei und Schikane bei Mutti in der Arbeiter- und Bauernrepublik, aber dafür kippt die Serie auch nicht in Ostalgie . Es gibt auch nur einen einzigen (impliziten) Bananenwitz. Gott sei Dank.
Aber dafür, dass man es mit dem Stasi Auslandsgeheimdienst zu tun hat, werden dessen Angestellte oft zu trottelig dargestellt. Oder glaubt jemand daran, dass die Stasi an einer Floppy im falschen Format scheitert? Oder dran, dass sie Depeche-Mode-Texte für codierte NATO-Anweisungen hält?
Ansonsten integriert sich die Erzählung sehr gut in Leben und Lebensgefühl der 80er und auch in das Fortschreiten der Geschichte, so zum Beispiel als der Protagonist unwissend den linksradikalen Terror der Carlos-Gruppe unterstützt. Drumherum wird alles in die New-Wave-Klassiker und NDW-Hits der frühen 80er gebettet – manchmal etwas zu oft.
Deutschland 83 ist übrigens keine gute Bingewatch-Serie. Zu schnell vergessen die Protagonisten das Leid der letzten Nacht in der nächsten Folge.
Sehr froh kann man über die Besetzung sein. RTL hat eine gute Auswahl getroffen und sich dankenswerterweise von den üblichen Verdächtigen deutscher Privatfernseh-Großproduktionen ferngehalten.

… und welchen Weg du gehst.

Alle Kritik ist aber meckern auf hohem Niveau. Die von Andrea und Jörg Winger erschaffene Serie kann international mithalten. Sie ist kein Game of Thrones und kein House of Cards, aber spielt ohne weiteres mit Narcos in einer Liga. Es bleibt zu hoffen, dass RTL daraus lernt, dass sich die Produktion von Serien die man auf dem internationalen Markt verkaufen kann lohnt. Vielleicht lernt die deutsche Fernsehlandschaft das generell, denn Fernsehen allein reicht nicht mehr. Es geht nicht mehr um Programmierung, es geht um Programm und Deutschland 83 ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Serie startet morgen, am 26.11., um 20:15.

Bildquellen

  • Deutschland-83-135587: © RTL / Nik Konietzny