Game of Thrones Staffel 5: Spiel auf Zeit

Game of Thrones Staffel 5 ist zu Ende und mit ihr ist der Punkt erreicht, an dem Serienhandlung die Bücherhandlung überholt hat. Und nicht immer gelang es den Serienautoren, George R. R. Martins Dramaturgie zu imitieren. Martin Spieß rekapituliert.

[SPOILER ALERT: es werden Handlungselemente aus der gesamten fünften Staffel Game of Thrones, vor allem aus der zehnten und letzten Episode, verraten.]

Game of Thrones Staffel 5: Die letzte Folge ist nun also gelaufen und alle sind traurig. Ein Freund von mir postete bei Facebook, er werde sich bis zum nächsten April schlafen legen, weil er die Wartezeit bis zur sechsten Staffel nicht aushalte.

Das Staffelfinale hat es nicht nur ihm, sondern dem Zuschauer allgemein aber auch nicht leicht gemacht: Stannis ist in Winterfell angekommen und wird vernichtend von den Boltons geschlagen. Kein Wunder: nachdem er auf Anraten von Melisandre seine Tochter auf dem Scheiterhaufen dem Lord of the Light geopfert hat, ist die Hälfte seiner Armee desertiert. Und als er schließlich erschöpft und verletzt an einem Baum lehnt, steht Brienne vor ihm, um ihm den Rest zu geben. Sansa muss ausgerechnet in dem Moment die „Ich brauche eure Hilfe, Brienne“-Kerze in den Turm stellen, als diese von der Ankunft von Stannis erfährt und sich vom Turm abwendet.

Arya unterdessen messert Meryn Trant weg, jenen Mann, der ihren Schwertmeister tötete. Dem Many Faced God gefällt das nicht gerade, weswegen sie nach einer Standpauke durch Jaqen H’ghar erblindet.

Und als hätten es die Starks noch nicht schlimm genug gehabt, wird Jon Snow schließlich in eine Falle gelockt und von Männern der Night’s Watch, angeführt von Alliser Thorne, abgestochen – und dann endet die Folge mit einem fade to black.

Schon wieder ein Sympathieträger über die Klinge

Wo es in der Serie so aussieht, als war es das jetzt für Jon Snow, endet das Kapitel im Buch mit dem Angriff auf ihn: es ist nicht ganz klar, ob er wirklich ins Gras beißen muss oder nicht. Das sei nicht für die Zartfühlenden unter uns angemerkt, die es nur schwer ertragen, dass schon wieder ein Sympathieträger über die Klinge springt.

Es ist deswegen interessant, weil nicht nur die letzte Folge, sondern die fünfte Staffel allgemein einen Wendepunkt markiert: Benioff und Weiss erzählen in Teilen weiter, als George R. R. Martin geschrieben hat. Für den Fall, dass er stirbt, bevor er die letzten zwei Bücher vollenden kann, hat er den Machern die groben Handlungslinien bereits verraten. Aber die haben sich ja auch bisher nicht immer an die Dramaturgie der Bücher gehalten, wer sagt also, dass Martins Geschichte im schlimmsten Fall so erzählt wird, wie er sie sich ausgedacht hat? (Panic is coming…)

Und auch aus Martins erzählerischer Perspektive ist die Situation überaus spannend: es stellt sich die Frage, inwiefern er in seinem Schreiben davon beeinflusst wird, dass Benioff und Weiss Dinge, die er noch nicht erzählt hat, anders erzählen, als er es in seiner Buchdramaturgie zu schreiben plant. Wie frei ist er noch? Denkt er womöglich darüber nach, seine Storyline zu ändern? Kriegen die Leser am Ende die Geschichte, die Martin am Anfang zu erzählen vorhatte oder hat die Serie ihn und diese Geschichte nicht auch zwangsläufig beeinflusst?

Die Macher sind Martin nicht gewachsen

Eine spürbare Beeinflussung wäre schade, schließlich gelingt es Benioff und Weiss nicht immer, Martins Dramaturgie zu imitieren. Allzu oft haben die Autoren in der fünften Staffel sexuelle Gewalt gegen Frauen als dramaturgisches Element eingesetzt, was (wie hier bereits beschrieben) nicht nur nicht in den Büchern so ist, sondern darüber hinaus nicht viel mehr als billiger und sexistischer Schockeffekt war – und wenn Martins Schockmomente eines sind, dann nicht billig.

Auch in der zehnten und letzten Folge muss Ramsay noch einmal betonen, dass er die gewonnene Schlacht mit einer zünftigen Vergewaltigung feiern wird: „My wife must be lonely“, sagt er, als er sich auf den Weg macht zurück nach Winterfell – als leide der Zuschauer an Amnesie und müsse daran erinnert werden, was Sansas Rolle in dieser Staffel ist.

Es bleibt also zu hoffen, dass George R. R. Martin bis zum Ende des letzten Satzes des siebten Buches durchhält, bevor – billiger Witz, I know – seine Arterien ihm den Dienst versagen. Denn wenn Benioff und Weiss mit der fünften Staffel – zumindest den Teilen, in denen sie weiter erzählen, als die Handlung der bisherigen Bücher – eines bewiesen haben, dann, dass sie Martin nicht im Ansatz gewachsen sind.

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