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Wie Fast & Furious 7 zur fast puren Vefolgungsjagd wird

Fast hätte Fast & Furious 7 die Sphäre der Actionfilme verlassen können und zur reinen Autofahrt werden können doch leider war die Story im Weg.

Seit ein paar Tagen läuft Fast & Furious 7 in den Kinos. Es mag erstaunlich scheinen, dass eine solche Reihe sieben Teile zusammen bekommen hat. Filmreihe dieser Ordnung sind nur Popkultur-Epen wie Star Wars oder Star Trek vorbehalten. Dinge die also fest im kollektiven Gedächtnis manifestiert sind – Klassiker der Popkultur. Trotzdem schafft es Fast and Furious so lange genug Zuschauer an sich zu binden.

Vielleicht ist es ja wirklich ein episches Juwel, dass dort liegt – von der Feuilleton-Kritik ignoriert, vom ganz großen Mainstreaming übersehen? Nicht ganz. Die Produzenten von Fast & Furios können, was zu erwarten war wirklich keine guten Geschichten erzählen oder vielleicht wollen sie das auch nicht. Letzteres wäre versöhnlich. Fast & Furious 7 hätte mit dem vom Marketing gut integrierten Tod von Paul Walker die Chance gehabt große Gefühle zu erzählen, aber macht es nicht – bis zum Schluss.

Versatzstückhafte Dialoge und immer die richtigen Phrasen werden zwischen den Figuren gewechselt. Daran hangelt sich die Story des Films entlang. Alles wie man es erwartet für so einen Blockbuster der so prollig daherkommt und daherkommen will. Man hat die richtigen Schauspieler engagiert und setzt mit Jason Statham – dem getypecastesten Schauspieler unserer Zeit – eine Kirsche auf den Auto-Action Bananasplit FF7. Passend übernommen aus Teil 6 hatte man auch Dwayne Johnson, der sich qua Minigun in eine Art unbesiegbare Zerstörungsmaschine verwandeln darf. Das ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch dass was man sehen will. Was der Film und seine Produzenten wirklich gut können ist Quatsch mit Autos machen. Der Fast & Furious 7 hätte auch dreieinhalb Stunden dauern können, vermutlich hätte der Regisseur immer noch eine gute Idee für eine Autoverfolgungsjagd finden können und diese fantastisch in Szene gesetzt. Wenn die Story nicht immer im Weg wäre. Fast & Furious ist Porno: Zuallererst Auto-Porno, dann Action-Porno und anstrengenderweise Product-Placement-Porno. Nur richtiger Porno ist er nicht, zumindest die Begeisterung des Regisseurs James Wan für entblößte Frauenhintern ist unübersehbar. Und genau wie bei richtigen Pornos will man weiterspulen, wenn mir halbärschige Figurenmotivationen vorgekaut werden, damit zumindest ein bisschen Suspension-of-Disbelief Legitimation da ist. Das braucht es nicht und nervt hier nur.

Furious 7 ist kurz davor gewesen ein – gar der erste – Film zu sein, der nur noch aus Action besteht und funktioniert. Scheiß doch auf Brians und Doms langweilige Familie. Der halbtote Bruder von Jason Statham interessiert kein Schwein. Wenn die drei auf einem Supermarkparkplatz einen kleinen Auffahrunfall gehabt hätten und infolgedessen eine brachiale Autoschlacht quer über den Planeten losgebrochen wäre, wäre das eine ebenso akzeptable Begründung für Verfolgungsjagden und Schießereien in den Bergen Armeniens, Sprünge mit Supercars zwischen den Türmen arabischer Hochhäuser und der Zerstörung der Innenstadt von Los Angeles.

Wenn der Film ehrlich mit uns wäre würde er die ganzen lahmen Motivationen seiner – nach sieben Filmen immer noch ziemlich zweidimensionalen – Charaktere ersparen, aber er tut es nicht. Seine Produzenten sehen sich formal genötigt zu tun was nicht nötig wäre. Dass die Produzenten das wirklich wollen glaube ich nicht, dass sie es nicht können noch weniger. Am Ende der Geschichte setzt der Film noch einmal zu einer Verabschiedung von Paul Walker an und diese gelingt bestmöglich. Der unverständliche Vin Diesel brummelt eine Voice-Over-Verabschiedung die trauernd aber nicht verzweifelt und auch glaubwürdig ist, und ihrer Doppelung der Figuren im Film und der Menschen in der Realität bestehen kann. So muss Paul Walker als auch Brian entlassen werden von der Verpflichtung weiter mitfahren zu müssen. Walker aus offensichtlichen Gründen, Brian muss sich in Zukunft um Frau und Familie kümmern.

Jemand der bei der geringsten Gelegenheit mit seinen Autokumpels durch die Weltgeschichte gegurkt ist um mit seinen Freunden mit Hilfe von Autos Innenstädte zu zerstören ist irgendwie mau. Diese Trope funktioniert andersherum jedoch sehr gut: Der vom Minivan domestizierte Alt-(Bitte-Hier-Männliches-Klischee-einfügen) wird aus der Not wieder in seine alte Rolle gezwungen. Das kennen wir. Das funktioniert (ist aber auch langweilig). Und deshalb ist es auch kein gutes Ende für die Figur von Brian, aber es ist das pietätvolle. Brian sterben zu lassen hieße Paul Walker nochmal zu töten – besonders in der hier einzig möglichen Variante: Einem Autounfall.

Ein kurioser Fakt am Rande ist übrigens, dass im Film dauernd Menschen sterben, aber niemals durch von anderen verursachte Autounfälle. Im Laufe einer Verfolgungsjagd durch die Berge fällt ein Mann aus einem LKW und landet quer auf die Fahrbahn. Die fünf (vier Protagonisten, ein Antagonist) Autos hinter dem LKW weichen sofort perfekt aus. Sekunden später stürzt einer der Antagonisten mit seinem Auto einen Abhang herunter und wird von einem Baumstamm der durch die Frontscheibe schlägt zermalmt. Menschen sterben halt – durch Waffen oder durch eigenes Verschulden, aber niemals so, dass die StVO zum Problem werden könnte.

Mehr als anstrengend wirkt auch der hilflose Umgang mit Product-Placement. Wenn Firmenaufkleber und Energydrinks zur Autotuning-Kultur gehören sollten sie auch da sein, und bitte auch von echten Firmen. Aber den Zuschauer den halben Film lang mit einem schalen Corona-Product-Placement zu nerven, dass auch noch lieblos eingebaut wurde ist schrecklich. Das die Brauerei die Produzenten dafür nicht bestraft hat wundert, weil die pseudo-mexikanische Plörre in einen Gegensatz mit nicht näher spezifizierten belgischen Bier gesetzt wird. Man weiß nicht ob damit auf perfide inverse Art die Erinnerung an den Widerstreit der Charaktere zwischen der Qualität von Corona und belgischem Bier wachgehalten werden soll, oder ob die Produzenten aus Abneigung es besser fanden den Rest des Films nur noch über belgisches Bier zu sprechen.

Wer Fast & Furios abstrafen will als dämliche Auto-Action kann das gerne tun, aber tut dem Film damit unrecht. Fast & Furios 7 versteht sich nicht als stumpfer Action-Film will ein Film darüber sein, was man alles mit Autos tun kann und ist damit an einer zentralen Schnittstelle zwischen Auto und Popkultur angekommen. Fast & the Furious ist eine Reihe und ihr siebter Teil eine Retrospektive seiner Geschichte. Dass sich FF7 sich auch der langen Tradition der Autofilme und ihrer Verfolgungsjagden bewusst ist zeigen die Anleihen an Klassikern wie The Italian Job. Ob Vin Diesel und seine Kolonnenfahrer jemals im Pop-Olymp parken dürfen bleibt abzuwarten. Teil 8 ist bereits angekündigt. Ich erwarte einen Ritt auf einer motorisierten Atombombe – mindestens.

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