Die Leiden des jungen Social Media Redakteur

Jedes Berufsbild hat so seine Tücken und Nebenwirkungen, denen entgegenzuwirken ist. Doch was hilft? Gymnastik im Büro? Sport nach der Arbeitszeit? Weniger online sein? Das Protokoll einer Woche im Leben eines Social Media Redakteurs gibt Einblick in die Belastungen im Alltag.

Montag: Eigentlich fängt die Woche gut an. Spätschicht – ich kann ausschlafen. Der erste Blick auf Twitter macht die gute Laune zunichte. Die gesamte Timeline beschwert sich über das abrupt beendete Wochenende. Mein Bedürfnis nach sozialer Integration siegt und ich stimme in den Chor der Montags-Verflucher ein. Bis zum Abend kann mich selbst die Tatsache Feierabend nicht mehr aufheitern. Ob es bereits ein Krankheits-Kürzel für eine netzbedingte Montags-Depression gibt?

Dienstag: Arzttermin. Meine Kopfschmerzen sind nicht schön. Vermutlich brauche ich eine neue Brille. Der Augenarzt diagnostiziert ein leichtes Schielen. Zum Spätdienst in der Redaktion schiebe ich die Monitore ein wenig auseinander. Ich glaub, das löst das Problem vorerst. Ist auch günstiger als eine neue Brille.

Mittwoch: Mein Nacken ist verspannt – der Termin beim Orthopäden auch schon seit langem gemacht. Ich soll meine Tätigkeit am Arbeisplatz und die dazu gehörigen Bewegungen beschreiben. Brauche quasi nur den rechten Arm samt Maus-Hand. Der Doc verordnet mir Blickwendungen. Einfach regelmäßiger den Kopf bewegen.
Ich lege am Arbeitsplatz das Tablet jetzt rechts außerhalb meine Blickfeldes ab und checke dort die eMails.

Donnerstag: Die Kollegen beschweren sich, dass ich nicht auf E-Mails reagiere. Fein. Das mit dem Tablet wird meinen Nacken wohl auch nicht entspannen. Ich beschließe am Abend Laufen zu gehen.

Freitag: Muskelkater und Wadenkrämpfe. Das Laufen war ein Desaster. Via Twitter hat ein Witzbold einen Candystorm gestartet und dazu aufgefordert, mich über meine Lauf-App anzufeuern. Dieser fiese Haufen aus Bits und Bytes postet Geschwindigkeit und Strecke in die sozialen Netzwerke und natürlich die Anfeuerungsklicks direkt als Applaus auf die Kopfhörer. 17 Likes und 22 Fav-Stars später hat mich die Euphoriewelle an die Halbmarathon-Grenze gebracht. Für den ersten Trainingstag eine deutliche Überforderung. Ich setzte mein Nutzerprofil umgehend auf Privat. Wer will schon angefeuert werden.

Samstag: Einen SMS-Daumen hatte ich nie. Allerdings bemerke ich nun die Auswirkungen von WhatsApp. Staune ein wenig über meinen seidenweichen Daumen. Smartphone- und Tablet-Displays sind wohl sehr hautfreundlich. Auf dem Weg nach Haus dann aber plötzlich stechende Schmerzen im Handgelenk. In der Notaufnahme diagnostziert der Arzt eine Sehnenscheidenentzündung. „Wundert uns nicht!“, heißt es am Abend im Freundeskreis. „Bist wohl schon zu lange Single!“ Haha … kein Mitleid oder gar Verständnis dafür, dass ich unter einer Berufskrankheit leiden könnte.

Sonntag: Ich habe einen veritablen Online-Kater – kein Bock auf Internet und Online sein. Als Alternative hole ich ein Buch aus dem Schrank. Es handelt von „Digitaler Demenz“. Schon nach wenigen Seiten beschleicht mich das Gefühl, ich könne gefährdet sein, dieser Krankheit zum Opfer zu fallen. Gleich morgen mach ich einen Termin beim Psychiater. Diese Hypochondrie-Neigung ist gar nicht mehr lustig!

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