Großartige Melange aus Romance und Thriller

Sonja Rüthers Der Bodyguard ist ein atemberaubender und gleichsam berührender Roman, findet unser Autor Martin Spieß.

Eigentlich will Maik gar nicht Personenschützer sein, der Beruf ist nur Mittel zum Zweck: Wenn er genug Geld auf die Seite gelegt hat, möchte er eine Kampfschule eröffnen, in der er benachteiligte Jugendliche oder solche aus finanziell schwachen Familien mittels Kampfsport Werte vermitteln und eine Perspektive bieten will.

Maik weiß, wovon er redet: seine Jugend zwischen Plattenbauten und Prügeleien hat er zwar hinter sich gelassen, aber es war ein steiniger Weg, und für Leute wie seine Auftraggeber, die reiche Hamburger Unternehmerfamilie van Holland, wird er immer der Prolet aus der Unterschicht bleiben.

Mehr als eine bloße Entführung

Trotzdem wird Maik mit dem Schutz von Lynn beauftragt, die er für eine Professionelle hält, die Peter van Holland viel zu bedeuten scheint. Kaum 24 Stunden kennen sie sich, als sie sich wie vom sprichwörtlichen Blitz getroffen ineinander verlieben – und nur ein paar Stunden später wird sie gewaltsam entführt. Maik bleibt plötzlich nichts anderes übrig, als auf eigene Faust loszuschlagen – und gerät dabei immer tiefer in eine Sache, die über eine bloße Entführung und Lösegelderpressung weit hinausgeht. Es ist eben doch nicht alles glänzende Blankenese-Fassade – oder? Sind die Entführer*innen verrückt und saugen sich ihre abstrusen Theorien aus den Fingern? Oder gibt es wirklich ein dunkles Familiengeheimnis, für das Lynn leiden muss, obwohl sie nichts dafür kann?

Kein Kevin-Costner-Kitsch

Wer beim Titel an Kevin-Costner-Kitsch denkt, geht fehl: Sonja Rüthers Der Bodyguard ist zwar nicht frei von Sentiment, nie aber wird es klischeehaft oder kitschig. Und Rüther versteht es meisterlich, die emotionalen, die actiongeladenen und die Thriller-Passagen in Szene zu setzen. Man spürt es förmlich am eigenen Leib, wenn Knochen brechen oder Fäuste in Rippen krachen, man schmeckt das Blut im Mund, der Atem stockt, der Schnee an den nackten Füßen lässt einen zittern.

Wenn Maik an Lynn denkt und tiefe Gefühle verspürt, wirkt es nicht sentimental, sondern wahrhaftig. Fantastischerweise lässt Rüther es bis zum Ende offen, wie echt diese Gefühle wirklich waren beziehungsweise sind. Und auch beim vermuteten Familiengeheimnis weiß man bis zum Ende nicht, was dran ist: so abscheulich die Maßnahmen der Entführer*innen auch sind, so sehr kann man gleichermaßen ihre Motivationen und ihren Schmerz nachvollziehen – wenn denn etwas dran ist an der ungeheuerlichen Geschichte.

An der Geschichte, die Sonja Rüther erzählt, ist Zweifels ohne eine Menge dran. Der Bodyguard ist eine großartige Melange aus Romance und Thriller, aus Liebesgeschichte und Action, aus Selbstsuche und Identitätsverlust, und dem Buch sind viele Leser*innen zu wünschen.

Sonja Rüther: Der Bodyguard
Knaur TB, 368 Seiten 9,99 Euro

Bildquellen

  • 978-3-426-52523-4_xl: Cover / Knaur TB