Große Klappe, viel dahinter

Wie zu erwarten war, ist auch das neunte Studio-Album von Madsen ein großer Wurf. Findet zumindest unser Autor Martin Spieß, bei dem Hollywood – so der Titel – gerade auf Repeat läuft

Eigentlich ist ein Wort, das die letzten Jahre für Madsen (im besten Sinne!) ganz gut beschreibt: Eigentlich sollte ein neues, klassisches Rock-Album schon 2020 erscheinen. Aber angesichts der Pandemie kam beim Songwriting etwas anderes heraus: das fantastische Punk-Album Na gut dann nicht. Und im letzten Jahr veröffentlichte Frontmann und Sänger Sebastian Madsen sein erstes Solo-Album Ein bisschen Seele – auch eigentlich so nicht geplant. Aber: Zwei echte Glücksgriffe.

Nun erscheint heute das neunte Madsen-Album Hollywood, und das auf dem bandeigenen Label Goodbye Logik Records. Und es beginnt – zumindest textlich – ein bisschen so, wie Na gut dann nicht aufgehört hat:

„Guten Tag, meine Damen und Herren / sind Sie bereit für ein bisschen Lärm?“, fragt Sebastian Madsen im Opener Ein bisschen Lärm.

Protest? Nicht ganz. Madsen lädt ein, „Sich heute, hier und jetzt einfach mal frei zu schrei’n“.

Aushalten, nicht Austeilen

Ganz allgemein geht es auf Hollywood eher ums Aushalten als ums Austeilen: In Der Baum etwa heißt es: „Und ich glaub, die Welt ist noch nicht ganz verloren / was ein Baum ertragen kann, ertrag ich auch“ Auch die Sonne hört nicht auf zu scheinen: „Alles dreht sich noch im Kreis, wenn wir lange nicht mehr sind“ Und in Brücken heißt es: „Wir sollten keine Zeit verschwenden und retten, was zu retten ist“

Zum Aufgeben aber kommt es nicht, denn fatalistisch ist Hollywood nicht. Die Zeiten sind beschissen, die Welt geht vor die Hunde, aber Wir haben immer noch die Sonne, wie der letzte Song des Albums heißt. Es gibt diese eine alte Freundschaft, die nicht zu Bruch geht, egal wie viel Zeit auch ins Land geht, und die in Willi besungen wird. Natürlich gibt es die Liebe, die in Das Beste von mir und Heirate mich zu Wort kommt. Im titelgebenden (und wahrscheinlich stärksten) Song Hollywood dann geht es um die Hoffnung, dass es irgendwie wird: „Bau mir ein Hollywood / sag mir, alles wird gut / mit bunten Farben und nem schönen Happy End“

Wirren und Widrigkeiten

Und selbstverständlich gibt es die Musik, die trotz all der besungenen Wirren und Widrigkeiten nie lethargisch oder larmoyant daherkommt, im Gegenteil: sie bewegt und berührt, sie ist energetisch und eingängig, sie geht, ob Stadionhymne oder Ballade, ins Ohr und bleibt dort: Melodien, die man wie automatisch mitsummt und Zeilen, die man so begeistert wie bereitwillig mitsingt. (Pro-Tipp: Die Blicke der Leute in der Straßenbahn ignorieren.)

Es ist nicht erst seit Hollywood klar, aber das können Madsen, und das sehr, sehr gut: Eine große Klappe UND viel dahinter haben. Große Töne spucken UND abliefern. Und Pathos, der nicht wie Pathos wirkt, das kann Sebastian Madsen, wenn er textet. Aber wo, wenn nicht in Hollywood, erwartet man große Klappen, große Töne und Pathos? Eben. Wenn es dann noch so klingt wie bei Madsen, dann bitte mehr davon, und das immer wieder.