Key & Peele: Zurück bleiben riesige Fußstapfen

Gestern lief die letzte Folge der US-amerikanischen Comedy-Sketch-Show Key & Peele. Martin Spieß nimmt Abschied.

Etwas ist faul in den Staaten der USA. Donald Trump will schon wieder Präsident werden, Präsidentschaftskandidat Mike Huckabee unterstützt die Standesbeamte Kim Davis, die sich aus religiösen Gründen weigerte gleichgeschlechtliche Paare zu trauen und deswegen ins Gefängnis kam. Von der nach wie vor nicht weniger werdenden Gewalt weißer Polizisten gegen Schwarze ganz zu schweigen.

Ausgerechnet in diesem Klima ging gestern nach fünf Staffeln die Sketch-Show Key & Peele zu Ende. Nach dem Ausstieg von Jon Stewart aus The Daily Show hat Amerika seine wahrscheinlich präziseste Stimme der Vernunft verloren, jetzt gehen mit Key und Peele zwei Comedians, die sich (wie vor ihnen nur Dave Chappelle) mit Rasse und Rassismus auseinandergesetzt und Letzteren seziert, analysiert und kritisiert haben.

You can wear your hoodie and not get shot

Es wirkt, als wollten Keegan-Michael Key und Jordan Peele – beide Söhne eines schwarzen und eines weißen Elternteils – noch einmal ein Zeichen setzen, enthält die letzte Folge The End schließlich den Musical-Sketch Negrotown, den sie als Teaser für die fünfte Staffel bereits im Mai bei YouTube veröffentlichten: ein junger schwarzer Mann (gespielt von Key) geht auf der Straße spazieren und wird unter fadenscheinigen, rassistischen Gründen von einem Cop verhaftet. Der entlässt ihn aber in die Obhut eines Obdachlosen (gespielt von Peele), der Key durch eine magische Tür nach Negrotown entführt und auch gleich zu singen beginnt:

„In Negrotown you can walk the street without getting stopped, harassed or beat / there’s always a cab when you need to get around and they always stop in Negrotown (…) / won’t get followed when you try to shop / you can wear your hoodie and not get shot“

Natürlich wacht Key am Ende des Sketches, in dem ihm ein „utopia for Black people“ gezeigt wurde, wieder auf der Straße auf, offensichtlich von dem Cop bewusstlos geschlagen und auf dem Weg in den Streifenwagen.

Lachen gegen Rassismus

Liest man sich die User-Kommentare darunter durch, bestärkt sich der Eindruck nur noch einmal, dass die USA einen weiten Weg vor sich haben, den noch immer tief verwurzelten Rassismus zu überwinden.

Es ist und bleibt jedoch der Verdienst von Key und Peele, sich mit gleich welchen rassistischen Stereotypen auseinandergesetzt, sie mittels Humor entlarvt und ihnen das Lachen entgegengesetzt zu haben. Wie sie in dem im Deutschland des Jahres 1942 spielenden Sketch Das Negros blackfacing verlachten, indem sie sich die Gesichter mit kreisrunder weißer Schminke bemalten und so dem „SS Colonel Hans Müller“ entkamen – das war genauso brillant wie der Sketch Civil War Reenactment. Darin crashen die beiden als in Lumpen gekleidete Sklaven eine Runde kostümierter Südstaatler mit dem Wunsch, beim Reenactment mitzuspielen. Die verteidigen sich mit dem Satz „Just because we’re dressed like Confederate soldiers doesn’t mean we’re pro-slavery“, nur um kurze Zeit später das N-Wort folgen zu lassen. Was dann passiert ist so genial, dass ein weiterführender Spoiler mindestens genauso schlimm wäre wie das Ende von Key & Peele selbst. Hier geht es zum Sketch.

Andere Themen: Nerds, Beziehungen und Bildung

Man könnte endlos so weiter machen. Mit Auction Block, wo die von Key und Peele gespielten Sklaven von keinem der Plantagenbesitzer gekauft werden, sie sich schließlich beschweren und ihr Besitzer die Auktion mit den Worten beendet: „I will not have my reputation tainted sellin’ superficial bigoted slaves!“

Natürlich hatten Key und Peele auch andere Themen: es gab immer wieder Sketche mit Wendell Sanders (Peele), dem massiv übergewichtigen und sozial isolierten Nerd, der sich mit seinen Actionfiguren unterhält. Dating und Beziehungen wurden anhand heterosexueller (Meegan und Andre) und homosexueller Paare (LaShawn und Samuel) thematisiert, von denen einer der beiden immer überdreht war. Die Kritik am US-amerikanischen Bildungssystem sowie die lächerlich hohen Gehälter im Profi-Football brachten sie im Sketch TeachingCenter unter, in dem Key und Peele zwei Journalisten spielen, die über den draft neuer Lehrerinnen und Lehrer und deren astronomische Gehälter berichten.

Obama sagte zu ihnen: „Don’t let me do anything too crazy“

Aber das wahrscheinlich Beste, was Key und Peele ablieferten, ist wohl die Sketch-Reihe, in der Peele in die Rolle des US-Präsidenten Barack Obama schlüpft – und Key dessen anger translator Luther spielt. Der mit vor der Brust verschränkten Händen und fettem Bling an jedem Finger neben Obama stehende Luther übersetzt die ruhigen Worte und die zurückgenommene Rhetorik des Präsidenten in das, was er eigentlich sagen will.

Es war wohl Ritterschlag genug, dass Obama Key und Peele daraufhin zum Treffen ins Weiße Haus bat. Zum Abschied, so berichtete Peele, soll Obama gesagt haben: „Don’t let me do anything too crazy“, was die beiden natürlich zum Anlass nahmen, einen Sketch zu machen, dessen Bildqualität ein altes VHS-Tape imitiert und Obama in seiner College-Zeit zeigt: er kifft einen nach dem anderen und betont immer wieder, wie unglaublich high er gerade ist.

Die Obama-Sketche gefielen dem echten US-Präsidenten so gut, dass er Key in seiner Rolle als Luther zum diesjährigen White House Correspondents Dinner einlud, um ihn seine Ansprache übersetzen zu lassen.

Zweifels ohne hört mit Key & Peele eine der nicht nur politischsten, sondern auch besten Comedy-Sketch-Shows auf. Wie glücklich, wer sie noch nicht gesehen und jetzt fünf Staffeln vor sich hat. Aber auch zu bedauern – schließlich ist von Anfang an klar, dass man irgendwann Abschied nehmen muss. Das wird – egal, ob man erst jetzt mit Key & Peele beginnt oder sie bereits verfolgt hat – nicht leicht fallen. Und nach Jon Stewart gehen zwei weitere Stimmen der Vernunft, von denen man nicht sicher ist, wer sie übernehmen wird.

Bildquellen