Eine Famile schaut Fernsehen

„Killerspiele! – Der Streit beginnt“: Hurra, wir sind im Fernsehen!

Der Superspartensender ZDFinfo zeigte am Samstagabend die erste Ausgabe ihres Dokudreiteilers Killerspiele! – Der Streit beginnt. Die Reaktionen sind vielfältig, vor allem in der „Generation Golf“, die sich gerne in die Zeit ihrer Amigas und C64s zurückträumt.

Konzipiert wurde die Reihe Killerspiele von Christian Schiffer (Jahrgang ’79), welcher als Herausgeber des Bookazines WASD zu einem der wichtigsten Vertreter des deutschen New Games Journalism wurde. Als „Early Adopter“ und treuer Abonnent der WASD fällt es mir zugegebenermaßen schwer, zu einem Rundumschlag gegen die Vertreter_innen des modernen Videospieljournalismus auszuholen, aber bestimmte Fragen beschäftigen mich dennoch, wenn „unser“ Medium wieder einmal etwas weiter in die öffentliche Wahrnehmung gerückt wird.

Warum ist es so besonders, wenn Videospiele im Fernsehen landen?

Das Verhältnis von Videospieler_innen zu öffentlich-rechtlichen Medien ist seit der in der Dokumentationsreihe verhandelten „Killerspieldebatte“ deutlich gestört. Erst seit sich Internetpersönlichkeiten wie Florian Mundt (LeFloid, ’87) und Fabian Siegismund (’75) öfter in Diskussionsrunden und neuartigen Fernsehformaten haben sehen lassen, sind die Wogen scheinbar geglättet. Die beiden gelten als Sprachrohr einer modernen Spieler_innenschaft und sind auch gerne dazu bereit, sich einer kleineren, älteren Zuschauerschaft außerhalb des Internets zu präsentieren. Dennoch sind Auftritte dieser und anderer Videospielexpertinnen und -experten in der Welt der alten Leitmedien relativ selten und finden meist im Kontext von gesellschaftspolitischen Debatten statt. Daher ist es umso störender, dass Videospiele nur sehr selten in Feuilletons oder Kulturmagazinen auftauchen.

Wo bleibt die Videospielkultur?

Vielleicht sehe ich die ganze Thematik zu eng und die Hoffnung, dass diese Gesellschaft offen über Videospiele als Kultur und Kulturgut (Anno 2008) sprechen kann, ist nicht mehr, als die bescheidene Hoffnung eines naiven Mittzwanzigers (’89). Denn die Videospielkultur blüht, so scheint es, abseits des Mainstreams mehr als je zuvor. Kulturblogs und -magazine zum Thema Videospiel finden ihre Leser_innenschaft und wer Kaufempfehlungen sucht, wird bei den etablierten Publikationen (GameStar, PCGames, Power Play etc.) weiterhin fündig.

Was soll das mit dem Alter?

Die bereits angesprochenen „alten Hasen“ der  „Generation Golf“ sind aktuell die wichtigsten Vertreter des Kultur-Videospieljournalismus. Sie finden Let’s plays etwas befremdlich und haben Erinnerungen daran, den Schwiegereltern erklären zu müssen, was überhaupt ein Computerspiel ist und wie man damit Geld verdienen kann – die Frage, warum die meisten Vertreter dieser Spezies dem männlichen Geschlecht angehören wird hier erstmal außer Acht gelassen. Sie befinden sich auch heute noch in einem, mitunter heiß diskutierten, Konflikt mit der/den Nachfolgegeneration(en), welche die Selbstbezeichnung „Gamer“ geprägt haben. Der Generation der Commodore-Nerds entspringt nun ein Film über die Killerspieldebatte. Genau an dieser Stelle sehe ich Konfliktpotenzial.

Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass hier wiedermal über die Köpfe einer Spieler_innenschaft (die sich auch heute noch zu Millionen auf Counterstrike, Battlefield und Call of Duty -Servern aufhält) hinwegdiskutiert wird. Man verstehe mich nicht falsch und denke, ich wäre „GamerGater“ oder würde hinter jedem Videospielartikel Korruption und erkaufte Bewertungen wittern. Ich will auch nicht den bisher noch nicht ausgestrahlten Folgen der Dokuserie Unvollständigkeit unterstellen. Aussprechen möchte ich mich lediglich für eine seriöse Debattenkultur für deren Reflektion man sich in der Öffentlichkeit nicht schämen muss. Denn auch manch seriöse Stimme lässt sich in sozialen Netzwerken zu unversöhnlichen Aussagen hinreißen.

https://twitter.com/leighalexander/status/507534472343207936

Die ehemalige Spielejournalistin Leigh Alexander verabschiedet sich von Fans und Hassern aus ihrem Beruf

Das Gefühl, das Videospiele irgendwem „gehören“ würden (meistens ausgesprochen von denjenigen die sich das Videospielen zum Lebensinhalt machen und daher Expertise in Anspruch nehmen), ist noch vorhanden und daher fordere ich, daran zu arbeiten, dass das Videospiel als Kulturgut gelten muss. Sie muss gleichwertig zu Film, Literatur, bildender Kunst, Fotografie etc. gesehen werden.

Mehr Spielekultur in der gesellschaftlichen Wahrnehmung

Somit komme ich zu meinem Ursprungsthema, welches in der Rezeption eher zweitrangig erscheinen wird, zurück. Die Aufmerksamkeit und Zustimmung, welche eine Dokumentationsreihe auf dem Spartsender ZDFinfo erhält ist zwar begrüßenswert, verdeutlicht aber, wie nebensächlich das Medium Computerspiel im öffentlichen Diskurs auftaucht und als wie wichtig eine Behandlung durch die „großen Medien“ wahrgenommen wird. Seit Tagen schmeißt mir meine Facebook-Bubble daher endlose Programmhinweise und Ausrücke der (Vor-)Freude entgegen.

Zu einer wünschenswerten Haltung, die die Spielkultur (als Ganzes) gegenüber der öffentlichen Wahrnehmung einnehmen sollte fällt mir bloß noch folgendes ein:

Buffed.de findet die Dokumentation „überraschend Neutral“, SPON fasste den Inhalt der ersten Folge noch vor Ausstrahlung für uns zusammen und die Frankfurter Rundschau hält den ersten Teil für einen Gewinn.

Mit Christian Schiffer läuft auch gerade ein Ask Me Anything auf reddit.

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