Pierre Brice spielt Karl Mays Winnetou bei den Karl-May-Festspielen in Elspe

Pierre Brice – Winnetou und kein Ende

Pierre Brice konnte nicht ahnen, dass er mit der Rolle des ihm völlig unbekannten Winnetou zur Popikone eines ganzen Landes werden sollte. Nun ist er im Alter von 86 verstorben.

Die Abenteuer im von Karl May imaginierten Wilden Westen sind ein urdeutsches Stück Unterhaltung. Außerhalb des deutschsprachigen Raums kennt die Geschichten von Winnetou und Old Shatterhand niemand. In Deutschland haben sie jedoch einen unbestrittenen Platz im Kanon der deutschen Popkultur. Am 6. Juni starb der Lieblingsindianer einer ganzen Generation.

Amerikaner, die mit den zwei deutschen Helden konfrontiert werden, sind nicht selten perplex über den Mangel an amerikanischen Themen im amerikanischsten aller Genres. Statt des Lebens an der Frontier und dem Kampf zwischen Zivilisation und Wildheit wird bei Karl May vor allem ein Thema verhandelt: Das Edle.

Verkörpert wurde dieses Edle vom Apachen-Häuptling Winnetou, der an der Seite des deutschen, (ebenfalls edlen) Old Shatterhand vor allem für eines kämpfte: Das Edle. Für deutsche Kinder ist es noch immer eine Selbstverständlichkeit beim Cowboy-und-Indianer-Spielen dieser edle Wilde sein zu wollen, den Karl May uns in unser kulturelles Gedächtnis schrieb.

Sicherlich nicht unschuldig daran ist auch Horst Wendland, der sich für seine Verfilmung von der Schatz im Silbersee (1962) eine jugoslawische Landschaft als den Wilden Westen suchte, einen Amerikaner als Deutschen und einen Franzosen als den beliebtesten Indianer der Bundesrepublik. Der frisch entdeckte Pierre Brice konnte nicht ahnen, dass er mit der Rolle des ihm völlig unbekannten Winnetou zur Popikone eines ganzen Landes werden sollte. Die Filme waren, was den Erfolg anging, den Büchern ebenbürtig: In Deutschland ist Winnetou in jedem Medium ein Straßenfeger.

Es bleibt allerdings ein sehr exklusiver Ikonenstatus, denn außerhalb des deutschsprachigen Raums erhielten die Deutschen Helden Pierre Brice und Lex Barker nur wenig Beachtung. Hier wiederholt sich, was auch schon Karl May wiederfuhr.

Pierre Brice‘ Verkörperung Winnetous ist die wiedererkennbarste Filmrolle im deutschsprachigen Raum. Selbst wer die Filme nicht kennt, erkennt Winnetou. Und auch wenn er im letzten Teil der Winnetou Trilogie in die ewigen Jagdgründe geschickt wurde, bleibt er unsterblich.

Nicht nur in den zeitnah gedrehten Sequels, wie Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten (1968) trifft man sich wieder. Auch 30 Jahre später konnte das ZDF ihn nicht ruhen lassen und produzierte den unsäglichen Zweiteiler Winnetous Rückkehr. Nicht etwa die Idee, den Indianer wieder auferstehen zu lassen störte das deutsche Fernsehpublikum. Viel schlimmer: Pierre Brice wurde nicht synchronisiert und der deutsche Held sprach plötzlich mit französischem Akzent.

https://www.youtube.com/watch?v=A0kQQqz24L8

Kein besseres Thema hätte Bully Herbig für eine Parodie finden können, als unsere Kindheitshelden (bzw. die Helden der Eltern, die uns die Kinokarten kauften). Die Parodie Der Schuh des Manitu wurde zu einem der erfolgreichsten deutschen Filme der Nachkriegsgeschichte, und auch wenn der Film alles andere als zeitlos ist, illustriert er doch Zeitlosigkeit der Liebe zu Winnetou. Sein Erfolg ist der Anschlussfähigkeit der Geschichten zuschulden (und dem Umstand, dass Blazing Saddles dem deutschen Publikum eher unbekannt ist).

https://www.youtube.com/watch?v=_Gw664YRIwk

Winnetou ist unsterblich, Pierre Brice hingegen ist am 6. Juni 2015 verstorben und es ist zu hoffen, dass er mit Lex Barker und dem Pferd, das Winnetous Hengst Iltschi darstellte, noch einen Ausritt macht…

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