Dietrich Brüggemann: „Man klaut einfach keine Idee!“

Die Filmemacher Karl-Friedrich und Tilman König werfen ihrem Kollegen Dietrich Brüggemann Ideenklau vor. Der bestreitet das. Martin Spieß hat mit ihnen gesprochen. Den Anfang macht Dietrich Brüggemann.

Am Donnerstag lief Dietrich Brüggemanns neuer Film Heil an. Darin geht es um einen Schwarzen, der von Nazis in Ostdeutschland einen Schlag auf den Kopf bekommt und selbst zum Nazi wird. Die Leipziger Filmemacher Karl-Friedrich und Tilman König warfen Brüggemann Ende Juni Ideenklau vor: er habe sich bei ihrem im Herbst erscheinenden Spielfilm Der schwarze Nazi bedient. Die BILD berichtete und der Artikel verursachte einen mittelgroßen Shitstorm. Martin Spieß hat Dietrich Brüggemann zum Gespräch getroffen.

Hand aufs Herz – hast du die Idee geklaut?

Nein. Man klaut einfach nicht.

Würdest du das auch sagen, wenn ich dich mit CIA-Methoden verhören würde?

Ja. Es wäre mir künstlerisch unangenehm, etwas zu schreiben, das auf einer geklauten Idee basiert.

Die Parallelen – ein Schwarzer kriegt einen Schlag auf den Kopf und wird zum Nazi, er hat eine schwangere Freundin, die nach ihm sucht – sind natürlich bestechend.

Dass es die Parallele mit der schwangeren Freundin gibt, finde ich tatsächlich reichlich schräg. Die Idee an sich jedoch ist auch nicht die originellste: die Schwangerschaft bringt zusätzliche Spannung für die Geschichte, außerdem schafft sie einen dramaturgischen Rahmen, weil man am Ende der Handlung mit der Geburt eines Kindes rechnen kann. Aber angenommen, ich hätte das geklaut, wäre ich nicht so dumm gewesen, das detailgenau zu kopieren. Die schwangere Freundin hätte ich weggelassen.

Oder du wusstest, dass keiner dir zutrauen würde, so dumm zu sein und du hast es genau deswegen detailgenau kopiert.

Oder genau deswegen eben nicht. Man kann sich da endlos paranoid im Kreis drehen. Ich sag es noch mal: man klaut einfach keine Idee. Und wie bescheuert wäre man denn, wenn man – in Zeiten des Internets – glaubt, dass man damit davon kommt? Mal davon abgesehen, dass ich etliche Verträge unterschrieben und darin zugesichert habe, dass es sich hier um meine Idee handelt – und da soll ich jedes Mal bewusst gelogen haben?

Du hast auf deiner Homepage die E-Mail veröffentlicht, die du an die König-Brüder geschickt hast. Darin kritisierst du, dass sie dich nicht kontaktierten, sondern zur BILD gingen und „einen Online-Mob zusammen“ getrommelt haben. Das fändest du „nuancenlos scheiße“.

Ist es auch. Hätte ich beim Schreiben des Drehbuchs oder bei der Produktion des Films erfahren, dass es ein paralleles Drehbuch beziehungsweise einen Film gibt, hätte ich den Kontakt gesucht. Wir hätten uns freundlich die Hand schütteln, vielleicht sogar jeder einen Darsteller im jeweils anderen Film auftauchen lassen können. Hätte man es früher gemerkt, wäre die ganze Sache viel entspannter gewesen. Aber nur weil man es eben nicht früher gemerkt hat, kann man doch trotzdem miteinander reden.

Die Brüder König haben besagten Artikel, den die BILD über den Ideenklau-Vorwurf gemacht hat, dann auf ihrer Facebookseite gepostet und dich dort mit Hollywood verglichen.

Ja, ich weiß. Und dieser David-gegen-Goliath-Vorurf nervt mich, weil ich selbst klein angefangen habe – ich bin nicht Hollywood. Dass X Filme den Verleih macht, ist super, aber ich fahre mit dem Fahrrad durch Neukölln und denke mir: „Wie bitte?“

Und was passiert jetzt?

Jetzt kommt erstmal mein Film in die Kinos. Und ich hoffe, dass, wenn die König-Brüder ihn gesehen haben, sich diese Sache aus der Welt schaffen lässt.

Hier geht es zum Interview mit Karl-Friedrich König.

Bildquellen

  • D Brüggemann Zora Rux: Foto: Zora Rux

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