Halo-Studie: Losers are Losers and Boys will be Boys

Seit dem 15. Juli geistern Artikel über eine Studie durch das Netz, die angeblich bewiesen haben soll, dass Männer, die schlecht Computer spielen, eher dazu geneigt sind Frauen zu belästigen (oder auch andersrum). Mika Doe in einem offenen Brief an die Studie „Insights into Sexism: Male Status and Performance Moderates Female-Directed Hostile and Amicable Behaviour“.

Liebe Studie,

ich möchte Dir ganz, ganz herzlich danken. Es ist, als seist Du für die Sozialen Medien gemacht. Als hätte dich jemand geschaffen, der die Checklist kennt und weiß, was funktioniert: Computer, Spiele, einfach zu verstehende Methodik, Männer & Frauen, Belästigung und ein Resultat, das zu einem Fest der Schadenfreude einlädt. Herzlichen Glückwunsch! Ich glaube Du hast Sexismus gelöst. Das nächste Mal, wenn eine Frau online von einem Mann bedroht und beschimpft wird, kann sie sich sicher sein, dass dieser Mann wahrscheinlich schlecht in Halo 3 ist. Dank Dir können Frauen aus der ganzen Welt Seite an Seite stehen und „SELBER BLÖD“ in die Gesichter jener schreien, die damit drohen, sie zu vergewaltigen.

Ach, liebe Studie, vielleicht hast Du diesen Sarkasmus nicht verdient. Vielleicht waren Deine Ergebnisse eher als eine Sammlung interessanter Daten gemeint, die weitere Auswertung bräuchten. Vielleicht waren sie ein gut gemeinter Vorstoß Genderidentität und Machtverhältnisse in Computerspielen zu beleuchten. Vielleicht haben die WissenschaftlerInnen, die Dich durchgeführt haben, nicht an die Klicks aus dem sozialen Netz gedacht. Vielleicht haben sie Dich nicht für Facebook konzipiert.

Wahrscheinlich wirst Du benutzt, liebe Studie. Du wirst benutzt von schlechten JournalistInnen, die dich für Clickbait missbrauchen und denen nichts Besseres einfällt, als Artikel mit Sätzen wie diesem zu beenden:

“Until underperforming men can slough of their evolutionary insecurity, online harassment is perhaps more a comment on them than on women. In the meantime, losers are losers.”

Verstehst Du, liebe Studie? Underperforming… Haha. Nudge nudge, wink wink. Wir strecken Ihnen die Zunge raus, diesen blöden Typen, die online damit drohen, uns zu vergewaltigen oder umzubringen. Die Weitsicht, die sich in diesem Satz zeigt, entspricht in etwa der eines Lehrers, der dem Bullying-Opfer sagt, die anderen seien bloß neidisch.

Was uns angeboten wird, ist eine schale Rückversicherung, dass wir im Recht sind, weil die anderen schlecht Halo spielen. Statt zu sagen „Frauen zu belästigen macht dich zum Loser“ wird vermittelt, dass das „Loser-Sein“ selbst die Männer sexistisch macht. Nein, sie werden es auch nicht durch soziale Prägung oder ein aus dem Gleichgewicht geratenes Wertesystem. Sie tragen gar laut mic.com eine „evolutionäre Unsicherheit“ in sich. Diese zu überkommen scheint nur durch einen Aufstieg in der sozialen Hierarchie möglich, an dem sie aber scheiterten (Haha, Loser!). Liebe Studie! Ich finde Sexismus auch scheisse, aber hier wird auf ein Männerbild referiert, bei dem ein hoher sozialer Status in kausale Abhängigkeit mit einem guten Charakter gesetzt wird; ein niedriger mit einem schlechten Charakter. In der logischen Konsequenz bedeutet dies: Wer den Ansprüchen des jeweils gültigen Validierungssystems nicht gerecht wird, belästigt wahrscheinlich Frauen.

Aber nun gut, liebe Studie, wir wissen beide, dass man daraus keine gute Überschrift machen kann; dass „Science Proves That Men Who Harass Women Online Are Literally Losers“ oder „Sexist guys suck at video games, science says“ einfach viel, viel toller klingen. Das nächste Mal, wenn jemand mir droht, weiß ich jetzt genau, was ich zu entgegnen habe: Losers are losers, haters gonna hate, boys will be boys, #yolo.

Bildquellen

  • Tite_lBoys_will_be_Boys: Bild: Pixabay