Keine Pornos für die Oculus Rift? Bye Bye, Oculus Rift

Facebook will auf der Oculus Rift offiziell keine Pornographie anbieten – dabei haben Pornos immer eine große Rolle bei technischen Neuerungen gespielt.

Gerade wurde bekannt, dass in dem offiziellen Oculus Rift Store keine pornographischen Inhalte angeboten werden sollen. Oculus Rift gehört zu Facebook, und das Unternehmen bleibt – obwohl vor einem Monat noch das Gegenteil verlautbart wurde – seiner eigenartigen Prüderie treu. Für die Oculus Rift dürfte es das Aus bedeuten. Warum? Einfach.

Eine Zahl. Eine,die 2012 durch das Netz geisterte, nämlich 30%. Soviel Prozent des Internet-Traffics sind Pornographie. Die Zahl stammt aus dem Technikblog ExtremeTech, und ist eine Hochrechnung, basierend auf Zahlen von YouPorn. Der Artikel lohnt sich, vor allem, weil die Hochrechnung exzellent durchgeführt wird – und weil einige der Zahlen dann doch sehr beeindruckend sind. Ein Beispiel? YouPorn hat 100 Millionen Seitenaufrufe pro Tag, dabei werden 950 Terabyte Daten hin- und hergeschickt. Insgesamt ist YouPorn allein für 4% des gesamten Traffics im Internet verantwortlich.

„There are dozens of porn sites on the scale of YouPorn, and hundreds that are the size of ExtremeTech or your favorite news site. It’s probably not unrealistic to say that porn makes up 30% of the total data transferred across the internet.

The internet really is for porn.“

Damit schließt der ExtremeTech-Artikel. Ein ehemaliger Hustler-Redakteur gibt in einem Interview zu Protokoll:

„Alexander Graham Bell, we once speculated in an old Hustler joke, only invented the telephone so that he could make obscene calls. As a man who has purchased, produced and written more than his share of what we called girlie magazines, I suspect today that the wizards of Silicon Valley may well have done the same; developing the internet so that we could not only find good smut, but jerk off in peace.“

In dem Witz stecken gleich zwei Wahrheiten: Zum Einen natürlich, dass dieser gigantische Anteil der Pornographie am Internet-Traffic viel damit zu tun hat, dass leicht ranzukommen ist, ohne irgendeine Art von Interaktion mit einem anderen Menschen.

„But the biggest change from the pre-internet golden days of porn is the complete absence of face-to-face transactions between customer and purveyor, at seedy dirty book stores, at adult cinemas, at liquor stores. Obsolete now is prurient-minded sales clerk, who once leered knowingly, salaciously, at the nervously horny men, young and old, when they asked, ‚Put it in a bag. Please'“,

so formuliert es der Hustler-Redakteur.

Die andere Wahrheit ist diejenige, dass nicht nur jede neue Technologie sozusagen sofort für Pornographie benutzt wird (der erste Film der  Lumière-Brüder ist von 1895, der erste pornographische Film ist von 1897), sondern dass oft das Bedürfnis, Pornographie noch bequemer zu bekommen, treibende Kraft hinter technologischen Entwicklungen war.

https://www.youtube.com/watch?v=iF3N6D9hQwk

 

Kai Biermann fasst es in einem Artikel in der Zeit gut zusammen:

„Noch immer aber hat diese Branche eine nicht zu unterschätzende Bedeutung bei der technischen Entwicklung. Ein Beleg dafür ist der Erfolg des Formates HTML5. Der Standard zur Darstellung von Websites verbreitete sich nicht nur so stark, weil Apple sich weigerte, das Konkurrenzprodukt Flash auf seinem iPad anzubieten. Er tat es auch, weil Pornoseiten sehr schnell erkannten, dass Tablets und Smartphones gut für ihr Geschäft sind und auf HTML5 umstellten.

So ließen sich Unternehmer aus der Pornobranche mit den Worten zitieren, das iPad sei ihr „heiliger Gral“ , da es ihnen schnell steigende Umsätze bringe. Das Applegerät wurde daher auch als Pornpad verspottet.

Noch ein Beispiel? DRM – Digital Rights Management, besser bekannt als Kopierschutz. Pornoseiten kämpfen genau wie Hollywood mit dem Problem, dass andere die von ihnen für Geld angebotenen Filme kopieren und weiterverbreiten. Daher gehörten sie zu den Vorreitern bei den Versuchen, das technisch zu unterbinden. Anschließend aber gehörten sie auch zu den ersten, die andere Geschäftsmodelle suchten und kostenlose und werbefinanzierte Seiten aufbauten. Die sind offensichtlich erfolgreich, denn allein die zu refinanzierenden Serverkosten müssen bei diesen Datenmengen erheblich sein.“

HTM5 und DRM sind dabei tatsächlich nur die Spitze des Eisbergs. Zur Popularisierung des Heimvideos trugen Pornos maßgeblich bei – in den spätern 80ern waren mehr als die Hälfte aller verkauften Videos Pornofilme. Ähnliches gilt für Sofortbild- und Digitalkameras.

Und auch in der Gutenberg – Galaxis verkaufte sich nicht nur die Bibel gut. 1454 gab es die erste Gutenberg – Bibel. 1524 erschien I Modi, ein Buch mit erotischen Illustrationen, das sich dank der neuen Drucktechnik schneller verbreitete, als der Vatikan es vebrennen lassen konnte, sich sehr großer Beliebheit erfreute und ein ganzes Genre prägte.

„In spite of the destructive opprobrium of censorship that condemned all of Raimondi’s copperplates and permitted only copies or fragments of the original etchings to survive, the mechanical reproduction of I modi not only developed a new genre, but also opened up new commercial horizons for artists and printmakers who immediately reproposed toned-down series of erotic „positions,“ legitimated by references to classical mythology to further remove the depiction of sexual activity from the Christian present to a pagan past.“

I_modi_raimondi

Was hat das mit der Oculus Rift zu tun? Ganz einfach: Die VR-Brille ist noch nicht einmal richtig marktreif, und es gibt schon die ersten Pornos dafür. Selbstverständlich, es überrascht ja wohl niemanden, dass 3D-Virtual-Reality-Technologie genau dafür genutzt wird. Dass Facebook nun keine Pornographie im Oculus-Store haben möchte heißt zwar nicht, dass es nicht möglich wäre, trotzdem welche mit der Oculus Rift anzuschauen (zu dem Thema äußert sich Facebook nicht). Aber es beraubt die Firma nicht nur einer Verdienstmöglichkeit – es bedeutet vor allem, dass all die Innovationen, die aus der Schmuddel-Ecke kommen und technischen Fortschritt immer schon entweder angestoßen oder effektiv unter die Leute gebracht haben gar nicht oder nur sehr langsam stattfinden werden. Was schade ist – denn bis jetzt ist die Oculus Rift die beste Technologie, die wir in der Richtung haben. Aber nur genau so lange, bis jemand etwas ähnliches entwickelt, das dann auch offiziell Pornos abspielt. Dann ist die Oculus mit Sicherheit bald nur noch Geschichte.